Donnerstag, 31. Mai 2012

Gießtechnik Schleuderguss

Hallo,
heute möchte ich Euch das Wachsausschmelzverfahren ein wenig näher bringen. 
Dieses Verfahren benötigt viel Erfahrung und eine Menge an technischen Geräten.
Zunächst mal werden die Ringe oder Anhänger etc. was man möchte aus Wachs hergestellt. 
Im hier gezeigten Fall habe ich schon vorhandene Formen mit heißem Wachs 
mit meinem selbstgebauten Wachsinjektor unter einem Druck von 0,8 bar 
und einer Temperatur von 74 Grad Celsius ausgespritzt.

Die Ringe werden dann ausgeformt und an einem Wachsbaum montiert. Meine
Schleudergussanlage kann etwa 50 g Silber auf einmal gießen. 
Um die richtige Menge Silber zu ermitteln, wird der Wachsbaum 
mit einer Feinwaage gewogen. Wachs hat etwa eine Dichte von 1.
925er Silber hat etwa eine Dichte von 10,3.
Der Wachsbaum darf also nicht mehr als 5 g wiegen.
Das Gewicht wird dann mal 10,3 genommen und hinterher wird in den Graphittigel 
die richtigeMenge Silber gegeben. Die richtige Menge zu ermitteln ist sehr wichtig, 
um die Verletzungsgefahr zu minimieren. 
Wer will schon das ihm fast 1000 Grad heißes Silber um die Ohren fliegt.
Hier erst mal ein Bild vom Wachsmodellbaum:


Als nächstes wird dann die Einbettmasse angerührt. Es handelt sich dabei um so 
etwas ähnliches wie Gips, der eine sehr hohe Temperatur aushält und eine s
ehr glatte Oberfläche gewährleistet.
Die mit Wasser angerührte Einbettmasse wird unter einem Vakuum evakuiert. 
Das bedeutet, dass man alle Luftblasen, die sich in der Masse befinden, durch das 
Vakuum und einen in dem Gerät
befindlichen Rüttler austreibt, um Gussfehler zu vermeiden.
Danach wird die evakuierte Einbettmasse in die Küvette gegossen. Wichtig hierbei ist, 
dass die Einbettmasse mindestens 1,5 cm höher ist als das oberste Wachsmodell.
 Sonst kann beim Guss die
Form platzen und das Silber verteilt sich lustig in der Werkstatt.
Die mit Einbettmasse gefüllte Küvette wird ebenfalls evakuiert bis keine 
Luftblasen mehraufsteigen. Dies ist für die anschließende Qualität und 
Abformgenauigkeit der wichtigste Schritt.
















































Beim letzten Bild sind noch schön die Blasen zu sehen die ausgetrieben wurden.
Anschließend wird die Küvette im Brenn-Ofen gebrannt. Zunächst wird die 
Form auf eine Temperatur von 300 Grad aufgeheizt und etwa 3 Stunden auf dieser 
Temperatur gehalten. In dieser
Zeit schmilzt das Wachs aus der Form. Dieser Schritt stinkt fürchterlich.

















Als nächstes wird die Küvette auf 700 Grad erhitzt und mindestens für 2 besser aber 
für 4 Stunden auf dieser Temperatur gehalten. In dieser Zeit werden die 
Microkristallienen Wassermoleküle aus
der Einbettmasse gelöst. Hält man diese Temperatur nicht kann es zu einer Reaktion der
Wassermoleküle und dem heißen Silber kommen.
Danach wird der Ofen abgeschaltet und die Küvette auf Gusstemperatur abgekühlt. 
Ich gieße meist bei etwa 500 Grad Küvettentemperatur.
Als nächstes wird die Schleudergussanlage vorgeheizt. Die abgewogene Menge 
Silber in den Graphittiegel gefüllt und die Küvette aus dem Ofen genommen und 
eingesetzt. Durch den Spiegel
an der Schleuder kann man den Schmelzvorgang beobachten.
































Nach 30 min vorheizen wird nochmal 5 Minuten geschmolzen. Wenn das Silber flüssig ist,
 eine ausreichende Temperatur und Viskosität erreicht hat, kann man den Deckel 
schließen  und den Hebel lösen, der den Schleudervorgang startet.

















Das Silber wird dann schlagartig durch die Zentrifugalkraft in die Form gedrückt.
Nachdem die Schleuder ausgelaufen ist, kann man die Küvette langsam in einen 
Eimer Wasser halten.

















Durch den enormen Temperaturunterschied wird die Einbettmasse wie bei einem 
Triebwerk aus derKüvette gewaschen. Ich mache diesen Schritt immer sehr 
langsam und vorsichtig. Es treten große
Kräfte und Energien auf vor denen ich großen Respekt habe.
Hinterher hat sich die Einbettmasse aufgelöst und man kann den fertigen 
Gussbaum aus dem Wassereimer nehmen.


















Nun nur noch mit einer Glasfaserbürste unter fließendem Wasser reinigen
evtl. im Ultraschallbad.













 


Nach dem Beizen sieht das Ganze dann so aus:

















Anschließend werden noch die Ringe vom Gussbaum gesägt und dann kann man 
kratzen, feilen, schleifen, nacharbeiten, polieren, Steine einsetzen,
 und irgendwann ist der Ring dann fertig.
















Nun nochmal der fertige Ring:


































Ich hoffe Euch hat mein erster Beitrag gefallen. Der oben abgebildete Ring ist 
übrigens auch in meinem Shop käuflich zu erwerben.
Liebe Grüße
Chris (Silberschweif)

8 Kommentare:

  1. Puh! Soviel heizen?? So lange?? Ich habe meine mündliche Prüfung an der Goldschmiedeschule mit dem Schleuderguss bestanden. Aber es blieb damals bis heute bei der Theorie... Und das man die Küvette solange "backen" muß, hat niemand verraten. So bleib ich dem Sandguss treu... ;-))) (NUr solche ringe bekomme ich damit natürlich nciht hin)
    Danke Chris, das ist ein beeindruckender Artikel!
    Viele Grüße
    Cynthia

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  2. Wow, Respekt! So ein ausführlicher Artikel!
    Ich habe auch zuletzt in den 90`gern in der Berufsschule Schleuderguss gemacht, da ging das auch ein bisschen schneller - aber beeindruckend ist es allemal!
    Meine ehemalige Chefin konnte sogar noch mit der Handschleuder umgehen, davor hätte ich echt zu viel Angst.

    Ahoi,
    Meike

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  3. Ich hab Deinen blog eben erst entdeckt und bin total begeistert.
    Wow, Du machst tolle Sachen.
    Schade, dass ich Dich nicht schon vor 4 Wochen gefunden hatte, wir hatten hier 2 Kommunionskinder....
    Aber nächstes Jahr hat mein Sohn Konfirmation :-)
    GGGGLG Tanja

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  4. Ein toller Artikel, nur eine Anmerkung:
    Die Temperaturfühler bei älteren Öfen zeigen oft nicht mehr genau die Ofentemperatur an. Ich hatte so einen Fall in Österreich bei einer großen Firma die Gussprobleme hatte und sich auf die Falschangaben der Thermofühler verlassen hatte.

    Die Küvette muss bis in den Kern höher als 500°C erhitzt werden und dabei dann eine Zeit lang bleiben. Jetzt ist natürlich die Ofentemperatur nicht gleich der Küvettentemperatur im inneren. Es braucht eine Zeit bis die Wärme des Ofens nach innen eindringt. Je kleiner die Küvette ist um so schneller geht es natürlich.

    Bei der kleinen Küvette müsste die Haltetemperatur bei 700°C eigentlich nur ein halbe Stunde sein, aber mir scheint das der Ofen gar nicht so heiss wird, dann sind 2-4 Stunden sicherer.

    Als optische Kontrolle kann man die Küvette kurz aus dem Ofen nehmen und in den Gusskanal peilen. Wenn sie innen rot glüht, dann reichen weitere 20 Minuten und die ist ausgebrannt und kann wieder auf Gusstemperatur abgekühlt werden.
    Für größere Küvetten gilt das nicht, die brauchen länger.

    Mit freundlichem Gruß,
    Heinrich Butschal
    Seminarunterlagen zum weiterlesen über Schmuckguss finden Sie hier: http://butschal.de/download/seminar.htm

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    1. Der Link zum Seminar hat sich inzwischen verschoben auf: http://butschal.de/seminare/seminarinhalte/

      Mit freundlichem Gruß,
      Heinrich Butschal

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  5. Sehr interessant. Danke für den Tipp.
    Viel Arbeit steckt da dahinter, das hab ich Unterschätzt.
    Also, nochmals danke für deine Idee.

    LG Mady

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  6. Defekte an Metallpulverspritzguss kann man erst nach dem Sintern am fertigen Bauteil erkennen, also am Ende der Prozesskette. Für eine Nachbesserung oder Reparatur ist es dann meist zu spät. Forscher vom Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM streben jetzt die Null-Fehler-Produktion an

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